Steuerpflicht
Fünftelregelung: Wie hoch ist die Steuerlast bei einer Abfindung?
Bei der einvernehmlichen Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses fließt nicht selten eine Abfindungszahlung vom Arbeitgeber an den ehemaligen Arbeitnehmer. Und auch im Zuge eines Vergleichs zum Ende eines Kündigungsschutzprozesses ist die Abfindung ein vielgenutztes Mittel. Trotz der Freude über die zugesprochene Summe sollte der Begünstigte jedoch nicht vergessen, dass Abfindungen in Deutschland per Gesetz steuerpflichtig sind. Wir fassen die zu erwartende Höhe der Steuerlast bei einer Abfindung ins Auge und erklären, was die sogenannte Fünftelregelung damit zu tun hat.
Steuerpflicht bei Einkommen und Abfindung
Wer in Deutschland in einem Angestelltenverhältnis tätig ist, versteuert seine laufenden Einkünfte für gewöhnlich direkt über den Arbeitgeber. Will heißen: Der Arbeitgeber entrichtet die anfallenden Steuern auf das Gehalt, sodass der Angestellte von der Summe, die er letztendlich erhält, selbst nichts mehr ans Finanzamt überweisen muss. Das Thema Lohnsteuer spielt für viele angestellte Arbeitnehmer in der Praxis daher eine untergeordnete Rolle. Schließlich bezahlen sie diese Steuern quasi „automatisch“.
Die Höhe er Steuern berechnet sich in Deutschland progressiv. Konkret bedeutet das: Je höher das Einkommen – und/oder die Abfindung –, desto höher der Steuersatz. Zusätzlich nimmt die Steuerklasse Einfluss auf die Berechnung. Abfindungen müssen dabei grundlegend genauso wie das ganz normale Einkommen versteuert werden, gehören sie nach Einkommenssteuergesetz doch ebenfalls zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.
Die Fünftelregelung: Möglichkeit zur Reduktion der Steuerlast
Bei der Berechnung der Steuer auf Abfindungen kann unter bestimmten Voraussetzungen die Fünftelregelung greifen, die die Steuerlast dann reduzieren kann. Der Hintergrund: Ohne diese Regelung wird die Abfindung den im betreffenden Jahr ausgezahlten Gehältern zugerechnet. Da sich der anzuwendende progressive Steuersatz nach der Summe aus Einkünften und Abfindung berechnet, fällt dieser durch die Zurechnung der gesamten Abfindung gegebenenfalls erheblich höher aus.
Im Sinne einer gerechteren Versteuerung kann daher von der Fünftelregelung Gebrauch gemacht werden. Im Kern besagt diese, dass die Abfindungssumme auf fünf Jahre verteilt versteuert werden kann. Dadurch kann eine beträchtliche Reduktion der Steuerlast erzielt werden. Aber: Die Fünftelregelung ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft.
Voraussetzungen: Wann kann die Fünftelregelung angewandt werden?
Ob die Fünftelregelung rechtskonform angewandt werden kann, ist für den einzelnen Fall stets genau zu prüfen. Denn eine widerrechtliche Anwendung kann ernsthafte Konsequenzen haben. Im Wesentlichen müssen diese Voraussetzungen gegeben sein, damit die Regelung gilt:
Auszahlung als zusammenhängender Betrag
Die Abfindungssumme darf nur als zusammenhängender Betrag gezahlt werden. Demnach darf die Auszahlung der Abfindung über zwei Veranlagungszeiträume hinweg in höchstens zwei Teilbeträgen erfolgen, wobei die Hauptzahlung mindestens 90 % der Gesamtsumme betragen muss.
Entschädigungszahlung
In ihrer Art muss die Abfindung einer Entschädigung nach § 24 Nr. 1 EStG entsprechen. Das ist dann der Fall, wenn die Abfindung als Ersatzleistung für Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgehen, anzusehen ist.
Zusammenballung von Einkünften
Von einer Zusammenballung von Einkünften ist die Rede, wenn die Summe aus anzurechnenden Einkünften und der Abfindung den Betrag der bloßen Einkünfte, die bei fortgesetztem Arbeitsverhältnis zu versteuern wären, übersteigt.
Berechnung der Steuern nach der Fünftelregelung
Die Berechnung der Steuern unter Anwendung der Fünftelregelung folgt diesen vier Schritten:
1. Berechnung der Einkommenssteuer ohne Abfindung
Zuerst wird die Einkommenssteuer, die auf das Einkommen ohne Abfindung zu bezahlen wäre, berechnet. Das Ergebnis bezeichnen wir zur Verdeutlichung als „Wert A“.
2. Hinzunahme des „Abfindungs-Fünftels“ und Ermittlung der Steuer
Danach wird die Abfindungssumme durch fünf geteilt. Das Fünftel wird zum zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Dann wird die Steuer auf die Summe aus Einkommen und einem Fünftel der Abfindung errechnet, was wir weiterführend als „Wert B“ betiteln.
3. Errechnung der ermäßigten Einkommenssteuer
Zur Berechnung der ermäßigten Einkommenssteuer wird nun Wert A von Wert B abgezogen, bevor eine Multiplikation des Ergebnisses mit fünf vorgenommen wird. Daraus ergibt sich Wert C.
4. Berechnung der Einkommenssteuer für das Abfindungsjahr
Abschließend werden Wert A und Wert C addiert. Die Summe aus diesen beiden Werten entspricht der Höhe der Einkommenssteuer, die für das Auszahlungsjahr der Abfindung anzusetzen ist.
Fazit: Fünftelregelung reduziert Steuerlast bei Abfindung
Im Endeffekt lohnt sich die Anwendung der Fünftelregelung vor allem für Arbeitnehmer, die bei eher niedrigem regelmäßigem Gehalt eine vergleichsweise hohe Abfindung erhalten. Grundsätzlich empfiehlt sich vorab stets eine genaue Ermittlung des Vorteils, der sich im individuellen Fall aus dem Gebrauch der Fünftelregelung ergibt. Denn: Unter Umständen kann die Regelung auswirkungsfrei oder sogar mit finanziellen Nachteilen verbunden sein.
Sie haben Fragen zu Abfindungen, Steuerzahlungen, Arbeitsvertragsaufhebungen oder anderen Themen aus dem Bereich des Steuer- und Arbeitsrechts? Kommen Sie auf uns zu! Wir bei KGH informieren Sie gerne über alle relevanten rechtlichen Aspekte und beraten Sie zum idealen Vorgehen in Ihrem Fall.
Oliver Stigler
Zuständige Anwälte in diesem Fachgebiet:
Anwältin für Arbeitsrecht
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