Kindergeld während des Auslandaufenthaltes

Ist Kindergeld auch während eines längeren Auslandsaufenthalts des Kindes möglich?
In Deutschland sind Eltern zum Erhalt von Kindergeld berechtigt, und zwar mindestens bis zur Volljährigkeit des Kindes. Diese finanzielle Unterstützung, die der Staat Familien zukommen lässt, ist laut Gesetz jedoch an einige Voraussetzungen geknüpft. Die Frage, die wir uns in diesem Beitrag stellen, lautet: Besteht auch dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn sich das Kind im Zuge seiner schulischen Ausbildung für längere Zeit im Ausland aufhält? Hierzu sehen wir uns die Kindergeldregelung in Deutschland an und betrachten die Faktoren, die mitbestimmen, in welchen Fällen auch bei Auslandsaufenthalten des Kindes Kindergeld ausgezahlt wird.
Die Regelung des Kindergeldes in Deutschland
Wie eingangs erwähnt, erhalten Eltern nach deutschem Recht grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr des Kindes Kindergeld. Das gilt im Übrigen genauso für anerkannte Stiefeltern, Pflegeeltern oder Großeltern, welche die Erziehung und Versorgung des Kindes übernehmen.
Der Anspruch auf Kindergeld kann sich über das 18. Lebensjahr hinaus verlängern, wenn das Kind in diesem Zeitraum eine Ausbildung erhält, die als grundlegendes Element einer späteren Berufsausübung anzusehen ist. In diesem Fall wird das Kindergeld maximal gezahlt, bis das Kind das 25. Lebensjahr erreicht hat. Während das Kindergeld früher in der Höhe der Beträge gestaffelt und abhängig von der Anzahl der Kinder war, ist dies seit 2023 anders. Aktuell erhalten Eltern den einheitlich gleichen Betrag pro Kind, ohne dass sich die Kinderanzahl darauf auswirkt.
Die Bedeutung des Wohnsitzes im Inland für den Kindergeldanspruch
Für die Thematik dieses Artikels ist natürlich insbesondere interessant, inwiefern sich der Wohnsitz des Kindes auf den Anspruch auf Kindergeld auswirkt. Nach § 63 Absatz 1 Satz 6 EStG besteht kein solcher Anspruch, wenn Kinder „weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt“ im deutschen Inland oder aber in einem Mitgliedsstaat der EU oder des EWR (europäischer Wirtschaftsraum) haben.
Davon ausgehend stellt sich die Frage danach, wie sich ein Wohnsitz im Inland – oder in einem EU-/EWR-Mitgliedsstaat – definiert. Der Bundesfinanzhof definiert das Innehaben eines Wohnsitzes mit dem Vorhandensein einer Wohnung am jeweiligen Ort. Geht ein Kind nun also beispielsweise im Ausland zur Schule, kehrt jedoch in den Ferien in die familiäre Wohnung in Deutschland zurück, kann es demnach nach wie vor zum Haushalt gezählt werden – es hat de facto einen Wohnsitz im Inland.
Anders wäre die Sache gelagert, wenn die Eltern den ursprünglichen deutschen Wohnsitz aufgeben und ihrem Kind ins Ausland folgen würden. In diesem Fall wäre selbstverständlich kein Anspruch auf Kindergeldleistungen des deutschen Staates mehr gegeben.
Die Dauer des Auslandsaufenthaltes als relevanter Faktor
In Bezug auf das Vorliegen eines Wohnsitzes im Inland spielt auch die Dauer des Aufenthalts im Ausland eine zentrale Rolle. Hier ist laut Bundesfinanzhof zwischen Aufenthalten unter und über einem Jahr zu unterscheiden:
Unter ein Jahr Auslandsaufenthalt
Befindet sich das Kind, für das die Eltern Kindergeld beziehen möchten, für weniger als zwölf Monate im Ausland, kann der inländische Wohnsitz unter Umständen auch dann als fortbestehend angesehen werden, wenn sich das Kind während dieses einen Jahres nicht – auch nicht kurzzeitig, beispielsweise in den Ferien – dort aufhält. Bei Auslandsaufenthalten, die maximal ein Jahr andauern, kann der Wohnsitz im Inland also auch bei einem durchgehenden Fernbleiben gültig bleiben, sodass der Kindergeldanspruch unangetastet bleibt.
Über ein Jahr Auslandsaufenthalt
Beträgt die Zeitspanne des Auslandsaufenthalt mehr als zwölf Monate, besteht nur dann weiterhin ein inländischer Wohnsitz, wenn das Kind seine ausbildungsfreie Zeit mehrheitlich dort – also in der Regel in der Wohnung der kindergeldberechtigten Eltern – verbringt.
Fazit: Die individuellen Gegebenheiten im Einzelfall entscheiden über den Kindergeldanspruch
Geht es um den Anspruch auf Kindergeld in der Zeit, in der sich das Kind zwecks seiner Ausbildung im Ausland befindet, sind zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen. Entscheidend ist mitunter, ob das Kind nach geltendem Recht über einen Wohnsitz im Inland verfügt, was wiederum unter anderem von der Dauer des Auslandsaufenthaltes abhängt. Es gilt daher, die individuellen Gegebenheiten in jedem Einzelfall zu berücksichtigen, um einzuordnen, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht.
Sie beschäftigt ein Anliegen rund um das Thema Kindergeld und Sie wünschen sich fachkundige Unterstützung? Dann sind Sie bei KGH goldrichtig! Wir nehmen uns gerne Zeit, um Ihren Fall umfassend zu beleuchten und Ihre Fragen professionell zu beantworten.

Oliver Stigler
Zuständige Anwälte in diesem Fachgebiet:

Fachanwältin für Familienrecht
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