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Kündigung über WhatsApp:

13. Oktober 2023

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Kündigung Whatsapp

Kündigung über WhatsApp: Gericht urteilt über Wirksamkeit

Der Messenger WhatsApp wird, wie Umfragen nahelegen, von über 70 % der Deutschen verwendet und dient sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext immer häufiger der alltäglichen Kommunikation. Ein Fall, der vor dem LAG Rheinland-Pfalz verhandelt wurde, lotet die Grenzen dessen, was rechtswirksam via WhatsApp übermittelt werden kann, aus und widmet sich der Frage danach, ob eine Kündigung mittels WhatsApp zulässig ist.

Der Fall: Kündigung per WhatsApp eingereicht

Die Geschichte hinter dem Fall begann am 07.01.2021 mit einer WhatsApp-Nachricht des Arbeitnehmers an den Geschäftsführer. In dieser Nachricht teilte der Arbeitnehmer sinngemäß mit, dass seine Frau sich von ihm scheiden lassen wolle, weshalb er an selbigem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde und noch nicht wisse, ob in den darauffolgenden Tagen am Arbeitsplatz mit ihm gerechnet werden könne. Knapp drei Stunden später folgte eine zweite Nachricht, in der der besagte Angestellte seinen Willen, fristgemäß zum 01.03.2021 zu kündigen, zum Ausdruck brachte. Die Kündigung wurde in Form eines Fotos inklusive Unterschrift übermittelt.

Letztendlich wurde dieser Sachverhalt vor allem durch die spätere Kündigung seitens des Arbeitgebers relevant. Dieser ließ dem Arbeitnehmer am 13.01.2021 eine fristlose Kündigung zukommen, die der Mitarbeiter nicht akzeptieren wollte. So kam es schließlich zur Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht, wo die gesamte Situation genauer unter die Lupe genommen wurde.

LAG Rheinland-Pfalz stellt Verstoß gegen das Schriftformgebot fest

In Bezug auf die per WhatsApp eingereichte Kündigung des Mitarbeiters stellt sich somit die Frage nach deren Wirksamkeit. Wäre die Kündigung rechtswirksam gewesen, so wäre das Arbeitsverhältnis bei Eingang der Kündigung durch den Arbeitgeber bereits gekündigt gewesen. Dem widersprach das Arbeitsgericht jedoch, was später auch vom LAG Rheinland-Pfalz für richtig befunden wurde.

Die Kündigung per WhatsApp entspräche nicht den in §§ 623 iVm. § 126 Abs. 1 BGB festgeschriebenen Anforderungen und sei demnach dem § 125 Satz 1 BGB folgend für nichtig zu erklären. Eine Ablichtung der Unterschrift auf der Kündigung entspräche nicht der geltenden Schriftformerfordernis, weshalb der Eingang der Fotografie einer Kündigung nicht als wirksame Übermittlung einer Kündigungserklärung anzusehen sei. Eine Wirksamkeit wäre erst dann gegeben, wenn die Originalunterschrift der Gegenpartei in der geforderten Schriftform – also nicht nur auf einem Bild – vorgelegt worden wäre. Dazu kam es jedoch nicht.

Arbeitsunfähigkeit oder unentschuldigtes Fehlen?

Im weiteren Verlauf der Verhandlung galt es zu klären, inwiefern die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber rechtsgültig war. Ein entscheidender Faktor war diesbezüglich der Grund für das Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Arbeitsplatz. Fehlte er unentschuldigt oder war er tatsächlich arbeitsunfähig, wie er selbst behauptete? Nachdem das Arbeitsgericht die Kündigung in erster Instanz bestätigt hatte, kam das LAG Rheinland-Pfalz zu einem anderen Schluss. Laut Urteil vom 22.12.2022 lag kein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vor.

Dieser Entscheidung liegt § 626 Abs. 1 BGB zugrunde. Demzufolge ist eine Kündigung ohne Fristeinhaltung nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der vereinbarten Frist als unzumutbar eingestuft wird. Zur Beurteilung der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung der Interessen aller beteiligten Parteien und der individuellen Gegebenheiten kommt es wiederum erst, wenn das Vorliegen eines wichtigen Grundes festgestellt werden konnte. Diesen wichtigen Grund sah das LAG in diesem Fall nicht gegeben.

Grundsätzlich hält das Gericht allerdings fest, dass ein unentschuldigtes Fehlen per se als wichtiger Grund angesehen und somit als Rechtfertigung für eine fristlose Kündigung herangezogen werden könne, sofern es wiederholt auftritt und mit Abmahnungen quittiert wird.

Ergebnisse der Beweisaufnahme: Arbeitsunfähigkeit durch Zeugen bestätigt

Im Zuge der Beweisaufnahme war eine Zeugenaussage von zentraler Bedeutung. Der Zeuge gab an, den gekündigten und nun klagenden Mitarbeiter selbst untersucht und ihm daraufhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 11.01. bis zum 14.02.2021 ausgestellt zu haben. Als arbeitsunfähig habe er ihn aufgrund von Rückenbeschwerden befunden.

Die Aussage des Zeugen wurde von der Berufungskammer als glaubwürdig eingeschätzt. Der Zeuge habe nachvollziehbare Angaben gemacht und es deute nichts darauf hin, dass der klagende Angestellte den Zeugen getäuscht oder zur Ausstellung eines „Gefälligkeitsattest“ gebracht haben könnte.

Auch die Tatsache, dass die Versichertenkarte des Klägers bei seinem Arztbesuch am 11.01. nicht eingelesen werden konnte, weshalb die Ausstellung eines entsprechenden Attestes zu diesem Zeitpunkt nicht möglich war, rüttele laut LAG nicht an der Glaubwürdigkeit des Zeugen.

Im Resultat kam das LAG zu dem Schluss, dass die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber als unwirksam einzuordnen sei. Immerhin hatte das Gericht festgestellt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig war und demnach nicht – wie vom Arbeitgeber angeführt – unentschuldigt gefehlt hatte.

Fazit: Kündigungen per WhatsApp widersprechen der vorgeschriebenen Form

Arbeitsgericht und LAG waren sich in diesem Fall einig: Eine Kündigung in Form eines Fotos per WhatsApp ist unwirksam, da sie den Anforderungen an die gesetzlich festgelegte Schriftform nicht gerecht wird. Daran ändert sich selbstredend nichts, wenn die Gegenpartei kurze Zeit später ebenfalls eine Kündigung ausspricht – welche in diesem speziellen Fall ohnehin ebenfalls als unwirksam befunden wurde.

Sie sehen sich als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer mit einer Kündigung konfrontiert oder möchten selbst eine solche aussprechen und wünschen sich rechtlichen Rat? Mit uns sind Sie auf der sicheren Seite! Setzen Sie sich mit uns in Verbindung und lassen Sie sich von den KGH-Experten für Arbeitsrecht unterstützen – wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

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Oliver Stigler

Fachanwalt für Familienrecht und gewerblichen Rechtsschutz, ist ein Anwalt bei KGH in Nürnberg. Auf dem Blog von kgh.de teilt er sein umfangreiches Fachwissen und bietet wertvolle Einblicke in rechtliche Themen. Vertrauen Sie auf seine Expertise und lassen Sie sich von seinen Beiträgen inspirieren.

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