Sozialauswahl - betriebsbedingte Kündigung
Die Sozialauswahl und ihre Rolle bei der betriebsbedingten Kündigung
Von einer betriebsbedingten Kündigung ist die Rede, wenn ein Arbeitgeber Mitarbeiter aufgrund betrieblicher Umstände entlässt. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Auftragslage schlecht ist oder organisatorische Maßnahmen – wie etwa das externe Vergeben von bislang intern erledigten Aufgaben – zu einem geringeren Personalbedarf führen. Die Frage, die sich dann natürlich stellt, lautet: Welche Mitarbeiter werden entlassen? Arbeitgeber haben grundsätzlich die Pflicht, eine sogenannte Sozialauswahl vorzunehmen. Worum genau es sich dabei handelt und welches Detail ein Urteil des BAG aus 2022 dieser Angelegenheit hinzufügt, wird in diesem Beitrag erläutert.
Die Sozialauswahl im Kündigungsschutzverfahren
Damit ein Arbeitgeber Mitarbeitern betriebsbedingt kündigen kann, muss er die Umstände, welche diese Form der Kündigung rechtfertigen, im Zuge eines Kündigungsschutzverfahrens en détail darlegen. Nur so kann er die angestrebten Kündigungen vor Gericht rechtfertigen. Er muss zusätzlich belegen, dass eine Sozialauswahl gemäß der geltenden Vorschriften getroffen wurde. Doch was bedeutet das? Vereinfacht gesagt heißt es, dass der Arbeitgeber diejenigen unter seinen Mitarbeitern kündigt, welche von der Kündigung auf sozialer Ebene am geringsten negativ beeinflusst werden.
Relevante Faktoren für die Sozialauswahl
Bei der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber unterschiedliche Faktoren berücksichtigen. Sehr zentral sind dabei die Aspekte der Betriebszugehörigkeit und bestehender Unterhaltspflichten der Mitarbeiter. Des Weiteren müssen etwaige Schwerbehinderungen beachtet werden – und auch das Alter spielt eine wesentliche Rolle.
BAG Urteil 2022: Alter der Mitarbeiter muss multiperspektivisch betrachtet werden
In der Praxis wiegt gerade der Faktor des Lebensalters bei der Sozialauswahl schwer. Sofern ein jüngerer Mitarbeiter nicht deutlich höhere Unterhaltsverpflichtungen aufzuweisen hat oder um ein Vielfaches länger im Betrieb tätig ist, wird er bei einer betriebsbedingten Kündigung eher gekündigt als sein maßgeblich älterer Kollege. Daran hat sich auch mit dem Urteil, welches das Bundesarbeitsgericht 2022 fällte, im Kern nichts geändert.
Das BAG führt dem bereits Bekannten lediglich ein interessantes Detail hinzu: Das Schutzbedürfnis sinke, so das BAG, bei Mitarbeitern, welche binnen der folgenden zwei Jahre abschlagsfrei Rentenbezüge erhalten können. Unter Berücksichtigung aller weiteren relevanten Faktoren kann der Arbeitgeber das rentennahe Alter eines Mitarbeiters also als Grund, diesen Mitarbeiter eher betriebsbedingt zu kündigen, heranziehen.
Fazit: Sorgfältige Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen
Die Sozialauswahl, wie sie im Falle von betriebsbedingten Kündigungen stattfindet, ist eine Angelegenheit, die viele Arbeitgeber vor eine Herausforderung stellt. Schließlich müssen zahlreiche Faktoren miteinbezogen, gegenübergestellt und sorgfältig abgewogen werden. Nur durch eine umfassende, vorschriftsgetreue Sozialauswahl können Arbeitgeber sicherstellen, dass betriebsbedingte Kündigungen vor Gericht als rechtens anerkannt werden.
Sollten Sie – als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer – weiterführende Fragen zur Sozialauswahl, zum Kündigungsschutzverfahren oder zum großen Thema der betriebsbedingten Kündigung haben, freuen wir uns, wenn Sie sich mit KGH in Verbindung setzen. Wir nehmen uns Ihrer Sache gerne an und beraten Sie fachkundig zu Ihrem Anliegen im Bereich des Arbeitsrechts.
Oliver Stigler
Zuständige Anwälte in diesem Fachgebiet:
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