Auslandsscheidung: Welches Land ist zuständig?
Auslandsscheidung: Welches Land ist zuständig?
Eine Scheidung ist in sehr vielen Fällen eine recht komplizierte Angelegenheit. Nochmals komplexer wird die Thematik, wenn nicht eindeutig ist, in welchem Land der Antrag zu stellen ist. Das kann zum Beispiel dann zur relevanten Frage werden, wenn ein Ehepartner ins Ausland gezogen ist. Ein Urteil des EuGH aus jüngster Vergangenheit, das sich auf die Zuständigkeit bei Auslandsscheidungen bezieht, sorgt für etwas mehr Klarheit.
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Aktueller Fall: Zuständigkeit für die Scheidung zunächst unklar
Der genannte Fall ist besonders interessant, da sich bei erster Betrachtung ein waschechtes „Länder-Chaos“ präsentiert: Der italienische Antragsteller lebte zum Zeitpunkt der Einreichung seit sechs Monaten in Österreich. Zuvor hatte er in Irland gelebt, zusammen mit seiner Frau, die wiederum die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Er reichte den Scheidungsantrag in Österreich ein, war damit jedoch in zwei Instanzen erfolglos. Die Begründung: Laut der Verordnung Brüssel II a sei Österreich nicht zuständig für die Scheidung. Brüssel II a sieht nämlich vor, dass sich ein Scheidungswilliger mit abweichender Staatsangehörigkeit mindestens ein Jahr in dem Land aufhalten muss, in dem er den Antrag stellt, damit die Zuständigkeit bei eben diesem Land liegt.
Betroffener sieht in Brüssel II a eine Diskriminierung
Der Mann mit italienischer Staatsangehörigkeit brachte vor, dass es sich bei Brüssel II a um eine Verordnung handle, welche eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit innehätte. Schließlich müssen Menschen mit „passender“ Staatsangehörigkeit nur sechs Monate und eben kein ganzes Jahr in dem Land leben, in dem sie sich scheiden lassen möchten, damit die Scheidung dort in Angriff genommen werden kann. Im Sinne des Diskriminierungsverbots dürfe, so die Ansicht des Antragstellers, von ihm als Italiener keine längere Aufenthaltsfrist erwartet werden als von einer Person mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Der Oberste Gerichtshof Österreichs, der mittlerweile mit der Abgelegenheit betraut wurde, entschied, den Fall zur Verhandlung an den Europäischen Gerichtshof zu verweisen.
EuGH Urteil: Diskriminierungsverbot und Brüssel II a nicht widersprüchlich
Das EuGH Urteil, das am 10.02.2022 gefällt wurde, schafft klarere Verhältnisse und sieht keinen Widerspruch zwischen Brüssel II a und dem Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV). Demnach liege Brüssel II a die Aufgabe der Sicherstellung einer Beziehung zwischen Antragsteller und zuständigem Staat zugrunde. Ein Umzug ins Ausland sei nicht mit einer Rückkehr ins Heimatland, dessen Staatsangehörigkeit der Antragsteller besitzt, zu vergleichen. Die Argumentation, welcher der Europäische Gerichtshof folgt, unterstellt dem ins Ausland verzogenen also eine Beziehung zu seinem Heimatland, sei es auf kultureller, familiärer, sprachlicher, sozialer oder familiärer Ebene. Daras wird nachvollziehbar geschlussfolgert, dass durch Brüssel II a notwendigerweise sicherzustellen sei, dass eine solche Beziehung zum Staat, in dessen Zuständigkeitsbereich die Scheidung fällt, besteht.
Oliver Stigler
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