Anforderungen an Pausenorganisation nach § 4 ArbZG, oder: Wann ist eine Pause eine Pause?
In der arbeitsrechtlichen Literatur und der Rechtsprechung ist seit längerem von einer zunehmenden inneren Entgrenzung der Arbeitszeit durch fehlende Pausenorganisation (Kohte, NZA 2015, 1417, 1422) die Rede.
Die Anforderungen an Pausenorganisation und Pausengestaltung sind durch mehrere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts klargestellt worden (BAG, Urt. v. 25.02.2015 – 1 AZR 642/13 – NZA 2015, 442, 444, ebenso BAG, Urt. v. 25.02.2015 – 5 AZR 886/12 – NZA 2015, 494, 496; dazu Reim in: NK-Gesamtes Arbeitsschutzrecht, 2. Aufl. 2018, § 4 ArbZG Rn. 19ff.; Wank in: ErfKomm, § 4 ArbZG Rn. 4 f). Die wesentlichen Anforderungen aus diesen Entscheidungen sind zuletzt vom LArbG Köln (16.02.2017, AZ 7 Sa 577/16) deutlich zusammengefasst worden.
Sie müssen kumulativ vorliegen!
Um eine gesetzliche Ruhepause i.S.v. § 4 ArbZG handelt es sich demnach nur wenn:
- zeitliche Lage und Dauer der Pause vor deren Beginn feststehen;
- die Pause die Arbeitszeit unterbricht, also weder unmittelbar am Anfang oder am Ende einer Schicht liegt;
- der Arbeitnehmer während der Pause keinerlei Arbeitspflicht unterliegt und sich auch nicht für eventuell anfallende Arbeitsleistung bereithalten muss;
- er grundsätzlich seinen Aufenthaltsort während der Pause frei wählen kann, also nicht verpflichtet ist, sich an seinem Arbeitsplatz aufzuhalten.
In dem entschiedenen Fall setzte eine Angestellte durch, dass ihr für vermeintliche Pausen abgezogene Zeiten gutgeschrieben wurden, weil die Zeiten nicht den Anforderungen des § 4 ArbZG entsprachen.
Die Pflicht der Pausengewährung ist auch eine öffentlich-rechtliche Pflicht, die entsprechend zu überwachen ist. Stellt eine Aufsichtsbehörde fest, dass es an hinreichend klaren Pausenstrukturen fehlt, kann sie durch eine Anordnung nach § 17 Abs. 2 ArbZG verlangen, dass vom Arbeitgeber die Voraussetzungen eingehalten werden. (Arndt-Zygar/Busch in: NK-Gesamtes Arbeitsschutzrecht, 2. Aufl. 2018, § 17 ArbZG Rn. 35).
Aufsichtsbehörden, die bei entsprechenden Sachverhalten solche Anordnungen verfügt haben, sind mehrfach von den Verwaltungsgerichten bestätigt worden (VG München, Urt. v. 19.03.2012 – M 16 K 11.4058; VG Ansbach, Urt. v. 25.01.2017 – AN 4 K 15.00907 m. Anm. Kohte, jurisPR-ArbR 17/2017 Anm. 2).
Arbeitgeber sollten deshalb ihre bestehenden Regelungen genau darauf prüfen, ob sie den bestehenden rechtlichen Anforderungen entsprechen.
KGH
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