Form und Zugang von Kündigungen im Arbeitsverhältnis aktuelles Urteil
Ausgangslage
Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen bedarf der Schriftform, wobei die Kündigung erst dann Wirkung entfaltet, wenn sie dem Kündigungsempfänger zugeht. Dieser Zeitpunkt ist entscheidend für den Beginn der Kündigungsfrist sowie die Erhebung einer eventuellen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht, die innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang erhoben werden muss. Dabei geht die einem Anwesenden ausgehändigte schriftliche Kündigung mit der Übergabe zu, unabhängig davon, ob und wann er sie liest.
Problemfall
Hin und wieder kommt es vor, dass sich Arbeitnehmer weigern, eine Kündigung entgegenzunehmen, bzw. deren Erhalt schriftlich zu bestätigen.
Im zum entscheidenden Fall fand im Büro des Arbeitgebers ein Gespräch mit der Arbeitnehmerin statt, in dem man dieser ein Kündigungsschreiben hingehalten hatte. Die Arbeitnehmerin hatte sich geweigert, dieses entgegenzunehmen und das Büro ohne das Kündigungsschreiben mitzunehmen, verlassen.
Am gleichen Tag wurde das Kündigungsschreiben durch Mitarbeiter des Arbeitgebers in den Hausbriefkasten der Arbeitnehmerin eingeworfen. Die Arbeitnehmerin hatte im Prozess erklärt, das Schreiben erst zwei Tage später im Briefkasten vorgefunden zu haben. Sie habe zudem nicht damit gerechnet, dass ein Kündigungsschreiben durch den Arbeitgeber zu erwarten ist, darum habe sie auch nicht nachgesehen.
Das Urteil
Das Gericht war der Ansicht, dass die Kündigung bereits dann wirksam zugegangen war, wenn sie durch Übergabe in dem Herrschaftsbereich des Arbeitgebers gelangt, wobei es nicht darauf ankommt, dass der Empfänger die Verfügungsgewalt über das Schriftstück dauerhaft erlangt. Es genügt vielmehr die Aushändigung und Übergabe, sodass der Arbeitnehmer in der Lage ist, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Der Zugang war bereits damit bewirkt, dass das Schriftstück den Empfänger mit dem für ihn erkennbaren Absicht, es ihm zu übergeben, angereicht und, falls er die Entgegennahme ablehnt, so in seiner unmittelbaren Nähe abgelegt wird, dass er es ohne Weiteres an sich nehmen und von seinem Inhalt Kenntnis erlangen kann.
Im Gegensatz hierzu wurde aber auch festgestellt, dass der Zugang dann nicht bewirkt ist, wenn das Kündigungsschreiben nach Verweigerung der Annahme wieder genommen wird.
Aus Arbeitnehmersicht nützt es damit im Regelfall nichts, die Annahme einer Kündigung zu verweigern, es erschwert hingegen sogar das gerichtliche Vorgehen gegen die Kündigung, da der Inhalt des Schreibens nicht bekannt ist, oder Form- oder inhaltliche Fehler nicht bemerkt werden können.

Oliver Stigler
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