KGH Anwaltskanzlei

Häusliche Gewalt

3. April 2025

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Häusliche Gewalt – rechtliche Möglichkeiten bei Gewalt in der Ehe

Häusliche Gewalt – rechtliche Möglichkeiten bei Gewalt in der Ehe

Gewalt zwischen zusammenlebenden Personen – sei sie nun körperlicher, sexueller oder psychischer Natur – wird als häusliche Gewalt bezeichnet. Dabei kann es sich um gewalttätige Handlungen dem Partner gegenüber oder aber um Gewalt gegen im Haushalt lebende Kinder sowie andere Familienmitglieder handeln. 2023 zählte das Bundeskriminalamt über 250.000 Opfer, wobei die Dunkelziffer weitaus höher liegen dürfte.  Betroffen sind in fast dreiviertel aller Fälle Frauen, von denen viele nicht wissen, welche rechtliche Handhabe gegen häusliche Gewalt ihnen zur Verfügung steht. In diesem Artikel besprechen wir die Handlungsmöglichkeiten, die sich Opfern häuslicher Gewalt durch das Gewaltschutzgesetz bieten. 

Wesentliche Fakten: Zusammenfassung

Folgende Inhalte werden in diesem Artikel aufgegriffen:

  • Die Polizei kann ein Rückkehrverbot verhängen, das es dem Gewalttäter für einen bestimmten Zeitraum verbietet, die gemeinsame Wohnung aufzusuchen. 
  • Weiterführend kann eine einstweilige Anordnung erwirkt werden. Diese kann es dem Täter nach Erlöschen des Rückkehrverbots untersagen, sich dem Opfer und der Wohnung zu nähern oder anderweitig Kontakt zum Opfer aufzunehmen.
  • Um die Wohnsituation langfristig zu klären, kann eine Wohnungszuweisung erfolgen. Die Zuweisung entzieht dem Täter die gemeinsame Wohnung, sodass diese dauerhaft dem Opfer zur alleinigen Nutzung überlassen wird. Möglich ist dies, sofern die Wohnung kein Eigentum des Täters ist, ein besonderer Schutz im Haushalt lebender Kinder benötigt wird oder eine unzumutbare Härte seitens des Opfers festgestellt wird. 

Rückkehrverbot: Polizeilicher Verweis aus der gemeinsamen Wohnung

  • 34a Abs. 1 des Polizeigesetzes der Länder definiert das sogenannte Rückkehrverbot. Ein solches Verbot wird von der Polizei ausgesprochen und weist den Gewalttäter an, die Wohnung, in der er mit seinem Opfer lebt, für einen bestimmten Zeitraum zu verlassen. Auf diese Weise wird eine zeitlich begrenzte räumliche Distanz zwischen Täter und Opfer geschaffen, die im klassischen Fall zehn Tage andauert. 

Die Zeit, in der dem Täter ein Betreten der Wohnung untersagt ist, kann das Opfer nutzen, um weiterführende Maßnahmen zu treffen. Da beim Rückkehrverbot der Opferschutz im Vordergrund steht, kann das Verbot auch bei einer gemeinschaftlich genutzten Wohnung, die laut Vertrag alleine vom Täter angemietet wurde, angewandt werden. 

Einstweilige Anordnung: „Kontaktverbot“ nach Gewaltschutzgesetz

Nachdem mit dem Rückkehrverbot der erste wichtige Schritt getan ist, sollten sich Opfer häuslicher Gewalt um eine einstweilige Anordnung bemühen. Denn: Das Rückkehrverbot gilt, wie geschildert, lediglich für einen kurzen Zeitraum. 

Die einstweilige Anordnung nach § 1 Gewaltschutzgesetz ist hingegen wesentlich weitreichender. Sie kann dem Gewalttäter auf unbestimmte Zeit verbieten, sich dem Opfer und der gemeinsamen Wohnung bis auf einen festgelegten Abstand zu nähern, sich an gewöhnlich täglich vom Opfer besuchten Orten (z.B. Arbeitsstelle) aufzuhalten und Kontakt zum Opfer aufzunehmen. Letztgenannter Inhalt der einstweiligen Anordnung schließt auch Kontaktaufnahmen über die sozialen Medien sowie Anrufe ein.  

Um eine einstweilige Anordnung zu erreichen, muss das Gewaltopfer diese beantragen und glaubhaft versichern, dass Gewalt angewandt wurde oder eine ernsthafte Bedrohungslage gegeben ist. Dies kann mittels einer eidesstaatlichen Versicherung geschehen, wobei das Vorfallen körperlicher Gewalt keine Grundvoraussetzung ist. Will heißen: Auch Handlungen psychischer Gewalt können Grund genug für eine einstweilige Anordnung sein. 

Wohnungszuweisung: Entzug/Überlassung der gemeinsamen Wohnung

Etwas längerfristig muss selbstverständlich die Wohnsituation geklärt werden. Schließlich läuft der Mietvertrag in sehr vielen Fällen nicht alleine auf den Namen des Gewaltopfers. Hier gibt es die Möglichkeit, die Wohnung zur alleinigen Nutzung überlassen zu bekommen beziehungsweise sie dem Täter zu entziehen. Die grundlegende Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer unzumutbaren Härte seitens des Opfers oder die Notwendigkeit eines besonderen Schutzes der im Haushalt lebenden Kinder. Eine Wohnungszuweisung ist nur in Ausnahmefällen erzielbar, wenn es sich bei der Wohnung um Eigentum des Täters handelt. 

Fazit: Gewaltschutzgesetz macht Opfer häuslicher Gewalt handlungsfähig

Wenn Gewalt in den eigenen vier Wänden Einzug hält, haben Opfer oft das Gefühl, in einer ausweglosen Situation gefangen zu sein. Sie betrachten die stattfindende häusliche Gewalt als „Privatsache“, doch das ist sie nicht – sie ist eine Straftat, gegen die man sich zur Wehr setzen kann. Das Gewaltschutzgesetz, die Familiengerichte und die Polizei leisten mit den zentralen Maßnahmen des Rückkehrverbots, der einstweiligen Anordnung und der Wohnungszuweisung wichtigen Opferschutz und schaffen Wege heraus aus dem gewalttätigen Umfeld.

Sollten Sie mit häuslicher Gewalt konfrontiert sein, möchten wir Sie dazu ermutigen, sich an Beratungsstellen und die Polizei zu wenden. Ergänzend stehen wir Ihnen gerne zur Seite und schöpfen die gegebenen Rechtsmöglichkeiten für Sie aus – wir bei KGH freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

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Oliver Stigler

Fachanwalt für Familienrecht und gewerblichen Rechtsschutz, ist ein Anwalt bei KGH in Nürnberg. Auf dem Blog von kgh.de teilt er sein umfangreiches Fachwissen und bietet wertvolle Einblicke in rechtliche Themen. Vertrauen Sie auf seine Expertise und lassen Sie sich von seinen Beiträgen inspirieren.

Zuständige Anwälte in diesem Fachgebiet:

Sibylle Sklebitz

Fachanwältin für Familienrecht

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