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Insolvenz und Kündigung

28. März 2023

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Insolvenzverfahren

Insolvenz und Kündigung: Was Arbeitgeber wissen müssen

Als Unternehmer Insolvenz anmelden zu müssen, ist niemals eine leichte Angelegenheit. Schließlich bedeutet dies nichts anderes, als dass die Zahlungsunfähigkeit bevorsteht. Eine Situation, die nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch die angestellten Mitarbeiter in eine schwierige Lage bringt. Was genau Sie als Arbeitgeber im Falle einer Insolvenz im Umgang mit Ihren Mitarbeitern berücksichtigen müssen, wird in diesem Beitrag dargelegt.

Insolvenzeröffnung: Was ist zu beachten?

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, so tritt der Insolvenzverwalter üblicherweise an die Stelle des Arbeitgebers. Es liegt von diesem Zeitpunkt an in den Händen dieses Verwalters, wie mit den noch angestellten Mitarbeitern zu verfahren ist und wie das verbliebene Vermögen verwaltet wird.

In Bezug auf die Kündigungsfristen geht die Insolvenzeröffnung mit einer Änderung einher. Die ordentliche Kündigung kann dann mit einer Frist von drei Monaten erfolgen. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist unter drei Monaten angesetzt ist. Dann wird die Frist laut Vertrag bevorzugt behandelt.

Kündigung wegen Insolvenz: Welche Voraussetzungen gibt es?

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bedeutet nicht automatisch, dass Mitarbeiter in jedem Fall rechtswirksam gekündigt werden können. Vielmehr sind hierfür zahlreiche Voraussetzungen zu erfüllen:

Rechtfertigungsgrund

Wie bei jeder Kündigung braucht es auch bei einer Kündigung aufgrund von Insolvenz einen Kündigungsgrund. Das Insolvenzverfahren alleine stellt keinen ausreichenden Rechtfertigungsgrund dieser Art dar. Nur wenn keine abweichenden Möglichkeiten der Beschäftigung im Unternehmen für die zu kündigenden Mitarbeiter infrage kommen oder es unter Einbezug aller relevanten Fakten danach aussieht, dass das Unternehmen in absehbarer Zeit stillgelegt werden muss, ist eine rechtlich bindende Kündigung vor diesem Hintergrund möglich.

Einbeziehen des Betriebsrats

Der Betriebsrat behält seine Stellung auch während des Insolvenzverfahrens. Das bedeutet, dass er in das Kündigungsverfahren einbezogen werden muss, damit eine Kündigung rechtswirksam durchgesetzt werden kann.

Treffen einer Sozialauswahl

Sofern im Zuge des Insolvenzverfahrens nicht alle Mitarbeiter, sondern nur ein Teil der Angestellten entlassen wird, ist eine sogenannte Sozialauswahl zu treffen. Der Arbeitgeber beziehungsweise der Insolvenzverwalter als dessen Stellvertreter hat auf Grundlage verschiedener Faktoren zu entscheiden, welche Mitarbeiter durch die Kündigung am wenigsten geschädigt werden. Im Fokus stehen dabei Aspekte wie etwa das Alter und die Beschäftigungsdauer des einzelnen Angestellten im Betrieb oder Unterhaltspflichten, denen dieser nachzukommen hat. Die Sozialauswahl entfällt logischerweise, wenn die gesamte Belegschaft entlassen werden muss.

Berücksichtigung von Sonderkündigungsschutz-Regelungen

Anders als manchmal angenommen wird, bleiben Regelungen des Sonderkündigungsschutzes auch bei einem vorliegenden Insolvenzverfahren aktiv. Über die rechtswirksame Kündigung von Personen, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen, muss abhängig vom individuellen Einzelfall entschieden werden.

Abfindungen bei Insolvenz

Grundsätzlich gibt es keinen Abfindungsanspruch für Mitarbeiter, die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gekündigt werden. Dennoch ist es nicht unüblich, dass Abfindungen ausgezahlt werden. Häufig entscheidet sich der Insolvenzverwalter dafür, Abfindungszahlungen in der Kündigung anzubieten, um etwaigen Kündigungsschutzklagen zuvorzukommen. Kommt es zu einer Kündigungsschutzklage, können Abfindungen in der Verhandlung der Sache vor Gericht thematisiert werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, dass sich der Betriebsrat für den entlassenen Mitarbeiter um die Verhandlung der Abfindung kümmert.

Ob der gekündigte Arbeitnehmer die festgelegte Abfindung in voller Höhe erhält, hängt vom Zeitpunkt der Abfindungsfestlegung ab:

Vor der Insolvenzeröffnung

Abfindungsansprüche, die bereits vor der Insolvenzeröffnung bestehen, gelten als gewöhnliche Insolvenzforderungen. Will heißen: Sie werden im Vergleich zu den Forderungen anderer Gläubiger nicht bevorzugt behandelt und nach Meldung beim Insolvenzverwalter und Verfahrensende ausbezahlt, allerdings nicht unbedingt in voller Höhe.

Nach der Insolvenzeröffnung

Im Gegensatz dazu sind Abfindungen, die nach Insolvenzeröffnung festgesetzt wurden, als Massenverbindlichkeit anzusehen. In diesem Fall steht dem gekündigten Mitarbeiter die volle Höhe der Abfindungssumme zu, die durch den Insolvenzverwalter ausgezahlt wird.

Insolvenzverfahren und Lohnansprüche

Kommt es zu einer Insolvenz, fragen sich Angestellte häufig, wie es um ihre Lohnansprüche steht. Auch hier ist eine Unterscheidung hinsichtlich des Zeitpunkts erforderlich. Stammen die Lohnansprüche aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung, werden sie als Insolvenzforderungen nach Verfahrensende ausgezahlt. Die Auszahlung übernimmt dabei das Arbeitsamt, wobei normalerweise Löhne aus den drei Monaten vor Insolvenzeröffnung berücksichtigt werden. Nach Insolvenzeröffnung entstehende Lohnansprüche sind hingegen Massenverbindlichkeiten, die vom Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse ausbezahlt werden.

Kündigung während der Insolvenz: Welche Rechte haben Arbeitnehmer?

Wird man als Angestellter aufgrund der Insolvenz des Arbeitgebers gekündigt, kann man  grundsätzlich mit einer Kündigungsschutzklage dagegen vorgehen. Eine solche Klage, die beim Arbeitsgericht landet, kann allerdings nur berücksichtigt werden, wenn sie bis spätestens drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens erfolgt. Wird die Kündigungsschutzklage später eingereicht, so ist die Kündigung bereits wirksam geworden und die Klage fällt automatisch unter den Tisch.

Inwiefern Kündigungsschutzklagen erfolgsversprechend sind, hängt ganz vom Einzelfall und den damit einhergehenden Umständen und Gegebenheiten ab. Arbeitnehmer, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens gekündigt wurden und diese Kündigung nicht hinnehmen möchten, sollten sich daher unbedingt rechtlich beraten lassen. Bei den Fachanwälten von KGH sind sie diesbezüglich in den besten Händen.

Fazit: Rechtssicherheit einer Kündigung bei Insolvenz sicherstellen

Wenn Sie als Arbeitnehmer in die unangenehme Lage geraten, Insolvenz anmelden zu müssen, so ist die rechtsbindende Kündigung Ihrer Mitarbeiter natürlich nur eines von vielen wichtigen Themen, mit denen Sie sich nun auseinandersetzen müssen. Dennoch sollten Sie gerade dieses Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen, ansonsten drohen Ihnen Kündigungsschutzklagen. Denn: Kündigungen aufgrund von Insolvenz sind nur unter Einhaltung vielfältiger Vorschriften rechtssicher möglich.

Sollten Sie weiterführende Fragen zum Thema Kündigung bei Insolvenz haben oder sich rechtliche Unterstützung bei Ihrem laufenden oder drohenden Insolvenzverfahren wünschen, so sind Sie herzlich dazu eingeladen, mit uns in Verbindung zu treten. Wir nehmen uns Ihrem Fall gerne an und setzen unsere geballte Expertise ein, um Ihnen optimal zur Seite zu stehen.

Oliver Stigler

Oliver Stigler

Fachanwalt für Familienrecht und gewerblichen Rechtsschutz, ist ein Anwalt bei KGH in Nürnberg. Auf dem Blog von kgh.de teilt er sein umfangreiches Fachwissen und bietet wertvolle Einblicke in rechtliche Themen. Vertrauen Sie auf seine Expertise und lassen Sie sich von seinen Beiträgen inspirieren.

Zuständige Anwälte in diesem Fachgebiet:

Armin Goßler

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Sibylle Sklebitz

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