Keine Arzthaftung wegen künstlicher
Lebenserhaltung wenn Patientenverfügung fehlt
Der Fall:
Der Vater des Klägers litt an fortgeschrittener Demenz und konnte sich weder bewegen noch kommunizieren. Bis zu seinem Tod 2011 wurde er über 5 Jahre mittels einer Magensonde künstlich ernährt.
Eine Patientenverfügung hatte der Patient nicht errichtet. Auch anderweitig ließ sich sein Wille hinsichtlich des Einsatzes von lebenserhaltenden Maßnahmen nicht feststellen.
Nach Auffassung des Sohnes hat die künstliche Ernährung nur zu einer sinnlosen Verlängerung des krankheitsbedingten Leidens geführt. Der behandelnde Hausarzt sei deshalb verpflichtet gewesen, das Sterben des Patienten durch Beendigung der künstlichen Ernährung zuzulassen. Als Erbe seines Vaters verlangt er Schmerzensgeld sowie Ersatz von Behandlungs- und Pflegeaufwendungen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshofs (Urteil v. 02.04.2019, Az.: VI ZR 13/18) hat die Klage abgewiesen, da es an einem Schaden fehlt. Denn das menschliche Leben ist ein höchstrangiges Rechtsgut und als solches absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu. Deshalb verbietet es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen.
Auch wenn ein Patient selbst sein Leben als lebensunwert erachten mag mit der Folge, dass eine lebenserhaltende Maßnahme gegen seinen Willen zu unterbleiben hat, verbietet die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich der Rechtsprechung ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden.
Folge:
Mit einer Patientenverfügung hätte dieser Fall verhindert werden können. Eine Patientenverfügung ermöglicht es, frühzeitig festzulegen, dass unter bestimmten Umständen eine Weiterbehandlung und lebensverlängernde Maßnahmen nicht mehr gewünscht werden, oder aber auch festzulegen, dass man die diesbezüglichen medizinischen Möglichkeiten voll ausschöpfen möchte. Gleichzeitig gibt die Patientenverfügung den Angehörigen die Sicherheit, im Sinne des Patienten handeln zu können.
KGH
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