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Verwertung von Dashcam-Aufzeichnungen bei Unfall zulässig?

8. November 2017

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Dashcam-Aufzeichnungen könnten eine große Hilfe bei der Klärung von Unfällen sein – aber ist deren Verwertung im Unfallprozess nun gültig oder nicht? Wir klären auf.

Ausgangslage Dashcam-Aufzeichnungen bei Unfällen:

Bereits am 09.09.2016 wurde in unserem Newsbereich darüber berichtet, inwieweit die Verwertung von Aufnahmen sogenannter Dashcams zulässig ist. Klassische Anwendungsfälle für die Verwertung von Aufnahmen aus sogenannten Dashcams sind Unfallkonstellationen, die nicht alleine durch Zeugen und Sachverständige aufgeklärt werden können.

Durch die Aufzeichnung im Straßenverkehr wird zunächst in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer anderen Person eingegriffen. Für die Verwertung ist daher eine Güterabwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten des Einzelnen und dem Interesse des Anderen an der Durchsetzung seiner Rechtsansprüche vorzunehmen.

Bereits das OLG Stuttgart hat im Verhandlungstermin vom 07.07.2017 (Az.: 10 U 41/17) geäußert, dass es die Verwertung von sogenannten Dashcam-Aufnahmen im Unfallprozess für zulässig erachtet. Nachdem es in diesem Verfahren zu einem Vergleich gekommen ist, gab es kein rechtskräftiges Urteil.

Entscheidung des OLG Nürnberg:

In seinem Beschluss vom 10.08.2017 (Az.: 13 O 851/17) hat das OLG Nürnberg nunmehr entschieden, dass die Verwertung von Kameraaufzeichnungen zur Beweisführung bei Verkehrsunfällen im Zivilprozess zulässig ist.

Das gilt jedenfalls für eine im Fahrzeug auf dem Armaturenbrett fest installierte Kamera, die in Fahrtrichtung, also nach vorne ausgerichtet ist, und bei Autobahnfahrten betrieben wird.

Persönlichkeitsrechte des Unfallgegners sind durch diese Art von Aufzeichnungen, auf welche konkrete Personen typischerweise nicht zu erkennen sind, üblicherweise in so geringem Ausmaß betroffen, dass bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und dem Anspruch des effektiven Rechtsschutzes dieser regelmäßig überwiegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn weitere Aufzeichnungen nicht zur Verfügung stehen.

Im konkreten Fall zeichnet die Kamera permanent in einen flüchtigen Zwischenspeicher auf und erst bei einer starken Erschütterung kommt es zu einer endgültigen Speicherung eines Segments von insgesamt 30 Sekunden, nämlich 20 Sekunden vor dem auslösenden Ereignis bis 10 Sekunden danach. Damit erfolgte keine permanente und anlasslose Aufzeichnung.

Da der Unfallgegner auf den Lichtbildern nicht erkennbar ist, kann kein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegen.

Die Dashcam-Aufzeichnung hält allein sein konkretes Fahrverhalten auf einer öffentlichen Autobahn in einem engen Zeitraum von weniger als einer Minute fest. Der Unfallgegner wird durch die Aufnahme weder zur Schau gestellt noch in anderer Weise herabgewürdigt. Es wird lediglich die Teilnahme am öffentlichen Verkehr Gegenstand der Wahrnehmung und Beobachtung, sowie er anderen Verkehrsteilnehmern auch ohne Aufzeichnung ausgesetzt ist. Insgesamt führt daher eine Interessenabwägung dazu, dass dieser hinter das Interesse des rechtlichen Gehörs und der Abwehr eines unberechtigten Anspruchs zurücktreten muss. Allerdings bezieht sich dies nur auf die konkrete Einzelfallsituation.

Auch dass andere Fahrzeuge in den Aufzeichnungsbereich kommen können, lässt keine andere Bewertung zu. Selbst wenn unbeteiligte Personen auf den Bildern erkennbar sind, fehlt es an der Identifizierbarkeit. Diese bleiben anonym, weshalb es bereits an der Eingriffsqualität fehlt.

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Oliver Stigler

Fachanwalt für Familienrecht und gewerblichen Rechtsschutz, ist ein Anwalt bei KGH in Nürnberg. Auf dem Blog von kgh.de teilt er sein umfangreiches Fachwissen und bietet wertvolle Einblicke in rechtliche Themen. Vertrauen Sie auf seine Expertise und lassen Sie sich von seinen Beiträgen inspirieren.

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