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Erweiterter Kündigungsschutz Neues Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg zum Kündigungsschutz in Kleinbetrieben

29. Januar 2016

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Neues Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg zum Kündigungsschutz in Kleinbetrieben

Rechtliche Grundlagen

Es gibt vereinzelte Vorschriften im Arbeitsrecht, die den Ausspruch von Arbeitgeberkündigungen einschränken. So besteht z.B. ein Sonderkündigungsschutz für Mütter, für Arbeitnehmer in Elternzeit, Schwerbehinderte und verschiedene Personengruppen wie Betriebsräte usw. Ein allgemeiner Schutz vor Kündigungen ergibt sich aus dem Kündigungsschutzgesetz. Kündigungen sind danach rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt sind, d.h. weder aus personen-, verhaltens- noch betriebsbedingten Gründen ausgesprochen wurden, wobei bei einer Kündigung bei betriebsbedingten Gründen zusätzlich eine soziale Auswahl vorzunehmen ist, d.h. dass bei vergleichbaren Mitarbeitern vor der Kündigungsentscheidung zu überprüfen ist, wer sozial schutzwürdiger ist. Dieses Gesetz gilt jedoch erst ab einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten, aber auch nur dann, wenn der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 5 (für Altfälle) bzw. 10 Mitarbeitern mit Ausnahme der Auszubildenden (ab dem 31.12.2003) beschäftigt.
Soweit somit weder Sonderkündigungsvorschriften, noch das Kündigungsschutzgesetz gelten, ist regelmäßig von der Wirksamkeit einer formgerecht ausgesprochenen Kündigung auszugehen.

Entscheidung des LAG Nürnberg, Erweiterung des Kündigungsschutzes

Mit Urteil des LAG Nürnberg vom 29.09.2015 (6 Sa 177/15) wurde eine ausgesprochene Kündigung als unwirksam beurteilt, da sie einen Verstoß gegen das „Maßregelungsverbot“ des § 612 a BGB dargestellt hat.

Nach 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht benachteiligen, wenn dieser zulässigerweise seine Rechte ausübt.

Im zu entscheidenden Fall beantragte die Arbeitnehmerin nach einer längeren Arbeitsunfähigkeit die Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Erst aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches verpflichtete sich der Arbeitgeber zur Erteilung. Da er gleichwohl das Zeugnis nicht ausstellte, beantragte die Arbeitnehmerin die Zwangsvollstreckung des Anspruches. Erst hierauf erteilte der Arbeitgeber ein Zeugnis und kündigte mit gleichem Datum das Arbeitsverhältnis.

Im darauffolgenden Kündigungsschutzprozess trug der Arbeitgeber vor, dass er einen Kündigungsgrund nicht brauche, da es sich um einen Kleinbetrieb handelt und das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist. Die Arbeitnehmerin sah jedoch, wie letztlich auch das Gericht den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang der Androhung der Zwangsvollstreckung und dem Kündigungsausspruch. Das Gericht führte weiter aus, dass grundsätzlich der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot trägt. Wenn aber ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme und der Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer besteht, käme es zu einer Beweiserleichterung in Gestalt des Anscheinsbeweises. In diesem Fall muss der Arbeitgeber doch konkreten Sachvortrag und gegebenenfalls unter Beweisantritt den Anscheinsbeweis erschüttern, was ihm im vorliegenden Verfahren nicht gelang.

Hinweis:

Auch für den Fall, dass ein Kleinbetrieb vorliegt und das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, kann eine Kündigung unwirksam sein, wenn sie treuwidrig ist oder gegen das Diskriminierungs-, bzw. Maßregelungsverbot verstößt.

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Oliver Stigler

Fachanwalt für Familienrecht und gewerblichen Rechtsschutz, ist ein Anwalt bei KGH in Nürnberg. Auf dem Blog von kgh.de teilt er sein umfangreiches Fachwissen und bietet wertvolle Einblicke in rechtliche Themen. Vertrauen Sie auf seine Expertise und lassen Sie sich von seinen Beiträgen inspirieren.

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