Rechtslage für Fahrzeughalter im Abgasskandal

11. Dezember 2015

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Sind Leasingnehmer von betroffenen VW, Audi und Porsche Modellen verpflichtet Mangelansprüche geltend zu machen?

Aktuelle Situation

Mit jeder Woche, die seit den ersten Meldungen zum VW Abgasskandal vergeht, weitet sich dieser anscheinend aus.

Neben den EA 189 Motoren, bei denen mittlerweile festzustehen scheint, dass diese mit einer „Schummelsoftware“ ausgestattet sind, welche die Schadstoffwerte im Prüfstand reduziert, wurden mittlerweile auch viele weitere Modelle des VW Konzerns mit 3 Liter Diesel Motoren von der amerikanischen Umweltbehörde EPA gerügt.

Betroffen sind hier auch ganz aktuelle Modelle von VW Touareg, Porsche Cayenne, Audi A6 Quattro, A7 Quattro, A8, A8L, und Q5.

Rechtslage

Zur Rechtslage für Fahrzeughalter lässt sich grundsätzlich Folgendes sagen:

Im Falle eines Mangels steht dem Betroffenen zunächst ein Anspruch auf Nachbesserung zu. Hierzu hat sogar jüngst der Bundestag durch seine wissenschaftlichen Dienste ein Gutachten hinsichtlich der Rechte der VW-Kunden erstellen lassen. Dabei kommen die Rechtsexperten zu dem Ergebnis, dass die betroffenen Fahrzeuge aufgrund unerlaubter Software mangelhaft sind und den VW-Kunden Gewährleistungsrechte zustehen. Der Sachmangel liegt hier in der aktivierten Manipulationssoftware, denn der Einsatz solcher Programme ist, nach Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007 („Fahrzeugemissionen-VO“), unzulässig. Somit entspricht das Fahrzeug gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auch nicht der üblichen Beschaffenheit und ist für die gewöhnliche Verwendung nicht geeignet.

Im Vordergrund des Gewährleistungsrechts steht zunächst der Anspruch auf Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Dabei darf der Käufer grundsätzlich zwischen der Beseitigung des Mangels und der Neulieferung einer mangelfreien Ware wählen. Sowohl die Beseitigung als auch die Neulieferung unterstehen Grenzen. Die derzeit diskutierten Nachbesserungsmaßnahmen sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre ab Übergabe des Fahrzeugs. Es gibt jedoch je nach Einzelfall längere oder kürzere Fristen.

Laut Gutachten des Bundestags ist unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Rücktritt vom Vertrag möglich. Dies aber allerdings nur dann, wenn eine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt, wie sum Beispiel, dass der Spritverbrauch nach erfolgter Nachbesserung (Rückruf und Umrüstung) um 10 % oder mehr steigt.

Zusätzlich sind sogar Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB gegen das Herstellerunternehmen denkbar. Zur Darlegung des Anspruchs müssten die Manipulationshandlung sowie das Wissen und Wollen des Manipulierenden dargelegt werden.

Handlungspflichten für Leasingnehmer?

Während sich Eigentümer von betroffenen Fahrzeugen grundsätzlich frei entscheiden können, welche Ansprüche sie geltend machen, kann sich die Rechtslage bei Leasingnehmer, die ein von der Affäre betroffenes Fahrzeug geleast haben, anders darstellen.

Leasinggeber treten grundsätzlich Gewährleistungsrechte sowie Garantieansprüche gegenüber deren Hersteller/Lieferanten an den Leasingnehmer ab. Ein Verzicht auf Ansprüche gegen den Lieferanten bzw. den Hersteller bedarf in der Regel der vorherigen Zustimmung des Leasinggebers.

In nahezu sämtlichen Leasingverträgen wird der Leasingnehmer verpflichtet, das Fahrzeug sachgerecht zu nutzen und auf seine Kosten in ordnungsgemäßem, mangelfreiem und funktionstüchtigem Zustand zu erhalten.

Das bedeutet, dass der Leasingnehmer verpflichtet ist, Gewährleistungsrechte beziehungsweise Ansprüche aus Garantie geltend zu machen.

Nicht selten erklären sich die Leasinggeber bereit, den Leasingnehmer bei Gewährleistungs- oder Garantieverlangen gegenüber den Gewährleistungspflichtigen zu unterstützen.

Die Nichtgeltendmachung von Ansprüchen könnte dem Leasinggeber damit grundsätzlich sogar als Verletzung des Leasingvertrages ausgelegt werden. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 2 Jahren ist auch hier zu beachten.

In vielen Fällen übernimmt die Rechtschutzversicherung auch die Kosten des Vorgehens.

Maßgeblich ist immer der mit der Versicherung abgeschlossene Versicherungsvertrag. Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung oder eine Privatrechtsschutzversicherung decken in der Regel Schadensersatzansprüche bzw. Gewährleistungsansprüche „rund ums Auto“ ab.“

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