Stolperfallen beim Erben und Vererben

Stolperfallen beim Erben und Vererben und wie Sie sie vermeiden
Das Erben und Vererben wird für jeden Menschen im Laufe seines Lebens zum Thema. Auch wenn es sich dabei um eine Thematik handelt, mit der sich wohl die wenigsten gerne befassen, ist es von großer Bedeutung, den Nachlass möglichst frühzeitig zu regeln. Aufgrund der Komplexität des Erbrechts kommt es hierbei immer wieder zu Unklarheiten und vermeidbaren Fehlern. Nachfolgend weisen wir auf fünf der gängigsten Stolperfallen beim Erben und Vererben hin und zeigen auf, wie diese umgangen werden können.
Wesentliche Fakten: Zusammenfassung
Dieser Beitrag beschäftigt sich unter anderem mit den folgenden Punkten:
- Damit die Vermögenswerte nach dem Ableben im Sinne des Verstorbenen verteilt und verwaltet werden können, muss dieser ein möglichst unmissverständliches und umfangreiches Testament hinterlassen. Versäumt er dies, greift die gesetzliche Erbfolge.
- Zu den gängigsten Stolperfallen beim Erben und Vererben gehören Streitigkeiten um vererbte Immobilien und das Enterben laut gesetzlicher Erbfolge erbberechtigter Personen, ohne die Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen.
- Ein Testament kann nur rechtsgültig aufgesetzt werden, wenn der Verfasser geschäftsfähig ist. Da die Geschäfts- und Testierfähigkeit von zahlreichen Ereignissen, wie etwa einer Demenz oder einem unglücklichen Unfall, in Mitleidenschaft gezogen werden kann, ist es ratsam, sich frühzeitig um das Verfassen des letzten Willens zu kümmern.
#1: Das fehlende oder missverständliche Testament
Am meisten macht sicherlich derjenige falsch, der erst gar kein Testament anfertigt. Häufig geschieht das unter der Annahme, die Angehörigen würden den Nachlass nach dem eigenen Ableben schon fair und im eigenen Sinne verwalten. Dabei wird vergessen, dass ohne Testament automatisch die gesetzliche Erbfolge greift. Diese steht nicht selten kaum im Einklang mit den Wünschen des Erblassers und berücksichtigt zum Beispiel Partner, mit denen keine Ehe eingegangen wurde, überhaupt nicht.
Um also sicherzustellen, dass die Vermögenswerte nach dem Tod den eigenen Vorstellungen entsprechend verteilt werden, sollte unbedingt ein Testament aufgesetzt werden. Dieses sollte möglichst klar und verständlich sowie eindeutig formuliert sein, sodass wenig Raum für abweichende Interpretationen bleibt.
#2: Das Vererben von Immobilien an Erbengemeinschaften
Immobilien gehören zu den Klassikern unter den vererbten Vermögenswerten und auch zu den Erbgütern, die mit am häufigsten als Grund für Streitigkeiten unter den Erben auftreten. Wird eine Immobilie an eine Erbengemeinschaft vererbt, können beispielsweise Konflikte entstehen, wenn mangelnde Liquidität das Auszahlen eines Erben erschwert oder sich die Miteigentümer uneinig darüber sind, ob das Gebäude veräußert werden soll.
Solchen Streitpunkten unter den Erben kann der Erblasser vorbeugen, indem er sehr klare Vorgaben zum Verfahren mit der vererbten Immobilie im Testament niederschreibt sowie gegebenenfalls Teilungsanordnungen inkludiert oder vor dem Ableben Schenkungen vornimmt.
#3: Das Enterben und die Pflichtteilsansprüche
Ein weiterer möglicher Fallstrick ist zu bedenken, wenn der Erblasser eine eigentlich in der Erbfolge stehende Person enterben möchte. Denn: Die enterbte Person hat zumeist trotzdem einen Pflichtteilsanspruch, also Anspruch auf einen ihr gesetzlich zugesicherten Erbanteil.
In Deutschland ist es nicht möglich, Pflichtteilsberechtigten per Testament jeglichen Anspruch abzusprechen. Dennoch gibt es Mittel und Wege, um die Höhe des Pflichtteils zu reduzieren, etwa durch Schenkungen zu Lebzeiten.
#4: Das Wissen über die Erbschaftssteuer
Wer ein Testament aufsetzt, sollte sich vorab über die in Deutschland geltenden Regelungen rund um die Erbschaftssteuer informieren. Die Erbschaftssteuer berechnet sich in Abhängigkeit des Verwandtschaftsgrades und der jeweiligen Freibeträge und kann durchaus zur finanziellen Belastung werden.
Erblasser können Vorkehrungen treffen und ihren Nachlass klug planen, um die Erbschaftssteuer im Erbfall möglichst gering zu halten. Neben Schenkungen zu Lebzeiten können frühzeitige Vermögensübertragungen geeignete Instrumente zu diesem Zweck sein.
#5: Die Vorsorge für mangelnde Geschäftsfähigkeit
Ein Aspekt, der überaus häufig vergessen wird, ist die Vorsorge für den Fall einer mangelnden Geschäftsfähigkeit. Schließlich kann nur derjenige ein rechtsgültiges Testament verfassen, der auch testierfähig ist. Heißt: Nach Ereignissen, die die Geschäftsfähigkeit beeinträchtigen – beispielsweise ein Unfall mit schweren Folgen oder eine Demenzerkrankung – ist es womöglich zu spät, Verfügungen in Bezug auf den Nachlass zu erlassen.
Hier lautet unser Tipp: Kümmern Sie sich so früh wie möglich darum, Ihren letzten Wilen niederzuschreiben und eine Vorsorgevollmacht sowie Patientenverfügung aufzusetzen. Denn auch wenn niemand damit rechnet, selbst in unmittelbarer Zukunft seine Geschäftsfähigkeit zu verlieren, ist keiner davor gefeit.
Fazit: Nachlass frühzeitig und umfassend regeln
Eine frühzeitige, klare und gut durchdachte Regelung des Nachlasses in Form eines Testaments beugt Streitigkeiten unter Erbberechtigten vor und stellt sicher, dass die Wünsche des Erblassers nach dessen Tod berücksichtigt werden. Sollten Sie weiterführende Fragen zum Thema Erbrecht und Testament haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir von KGH beraten Sie gerne!

Oliver Stigler
Zuständige Anwälte in diesem Fachgebiet:
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