Überstunden in Teilzeit
Überstunden in Teilzeit: Haben Sie Anspruch auf Zuschläge?
Tarifvertragliche Regelungen von Zuschlägen für geleistete Überstunden unterscheiden sich teils für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte. Ein interessanter Fall, der diese Thematik behandelt, wurde in diesem Jahr vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt. In diesem Beitrag legen wir den Hintergrund zu besagtem Fall dar und beleuchten die Folgen des Urteils.
Wesentliche Fakten: Zusammenfassung
Nachfolgend setzen wir von KGH uns detailliert mit diesen Aspekten des EuGH-Urteils zur Überstundenzuschlagsregelung auseinander:
- Der EuGH beschäftigte sich mit einer Überstundenzuschlagsregelung, die vorsah, dass Teilzeitkräften erst ab Erreichen der üblichen Anzahl an wöchentlichen Arbeitsstunden von Vollzeitarbeitnehmern Überstundenzuschläge gezahlt werden.
- Das Urteil erklärte diese Regelung im vorliegenden Fall für unvereinbar mit EU-Recht, unter anderem aufgrund der wesentlichen Benachteiligung der Teilzeitkräfte gegenüber den Vollzeitarbeitenden, die sich daraus ergab.
Kontext: EuGH verhandelt zu Überstundenzuschlagsregelung bei Teilzeitbeschäftigten
Der Fall, der dem hier aufgegriffenen Urteil vom Juli 2024 zugrunde lag, bezog sich auf folgende Regelung: Arbeitnehmer in Teilzeit bekommen Zuschläge für geleistete Überstunden, wenn ihre Arbeitszeit die reguläre Vollzeitarbeitszeit im Betrieb übersteigt. Nehmen wir also beispielhaft einen Betrieb an, in dem Vollzeitarbeitnehmer 39 Wochenstunden ableisten. Hier wäre der in Teilzeit Beschäftigte erst dann zuschlagsberechtigt, wenn sich seine Überstunden auf eine wöchentliche Gesamtarbeitszeit von über 39 Stunden summiert hätten.
Die im selben Unternehmen tätigen Arbeitnehmer in Vollzeit erhielten im Gegensatz dazu ab dem Moment, in dem sie ihre reguläre Arbeitszeit überschritten, Überstundenzuschläge. Die Diskrepanz zwischen diesen abweichenden Regelungen für Voll- und Teilzeitbeschäftigte sollte vom Europäischen Gerichtshof rechtlich beurteilt werden.
Überstunden in Teilzeit: EuGH-Urteil und Argumentation
Laut Urteil des EuGH ist die geschilderte Regelung unzulässig, da sie die Teilzeitarbeitenden wesentlich benachteiligt. Sie steht, so die Ansicht des Gerichts, im Widerspruch zum im EU-Recht verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung und entspricht einer strukturellen Benachteiligung der Arbeitnehmer in Teilzeit.
Zusätzlich führte das Gericht eine mögliche Geschlechterdiskriminierung als Teilaspekt der Urteilsbegründung an. Da Frauen besonders oft in Teilzeit beschäftigt sind, könne die getroffene Regelung überwiegend Frauen benachteiligen und somit als Akt der Diskriminierung des weiblichen Geschlechts angesehen werden.
Der Arbeitgeber argumentierte, dass die Regelung einem Übermaß an angeordneten Überstunden vorbeugen und eine Schlechterstellung von Vollzeitkräften gegenüber Teilzeitarbeitnehmern verhindern solle. Dieser Erklärung folgte das Gericht jedoch nicht, sondern brachte vor, dass die Regelung ganz im Gegenteil sogar dazu verleiten könnte, gezielt Teilzeitbeschäftigte (unentgeltlich) für Überstunden einzusetzen. So gelangte der EuGH letztlich zu einem eindeutigen Urteil.
Bedeutung des Urteils: Stärkung der Rechte von Teilzeitbeschäftigten
In der Praxis dürfte das EuGH-Urteil die Rechte von Arbeitnehmern in Teilzeit in Bezug auf den Anspruch auf Überstundenzuschläge deutlich stärken. Die Entscheidung bestätigt auch ein entsprechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom Dezember 2024, in dem das höchste deutsche Arbeitsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall angenommen hatte, dass eine derartige tarifvertragliche Regelung wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot unwirksam ist.
Fazit: Regelung zu Überstundenzuschlägen nur mit objektivem Grund wirksam
Das in diesem Beitrag dargelegte EuGH-Urteil stellt fest, dass benachteiligende Regelungen zu Überstundenzuschlägen für Teilzeitbeschäftigte nur bei Vorhandensein eines nachvollziehbaren objektiven Grundes mit EU-Recht vereinbar sind.
Oliver Stigler
Zuständige Anwälte in diesem Fachgebiet:
Anwältin für Arbeitsrecht
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