Löschung negativer Bewertungen Teil II

10. April 2017

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Der Bundesgerichtshof erweitert den Haftungsumfang der Betreiber von Bewertungsportalen.

Dass der Betreiber eines Bewertungsportals als sog. „mittelbarer Störer“ für rechtswidrige Tatsachenbehauptungen haftet, war bereits entschieden. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr auch eine Haftung als „unmittelbaren Störer“ bejaht, was neben Unterlassungsansprüchen auch Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann. 

Ausgangslage:

Der Betreiber eines Bewertungsportals hatte eine Plattform im Internet zur Verfügung gestellt, auf dem Patienten ihre Bewertung von Kliniken einstellen können. Von einem Patienten, der in der Klinik operiert wurde, wurde sodann auf diesem Portal ein Erfahrungsbericht über die Klinik eingestellt, der auf einer unwahren Tatsachengrundlage beruhte. Der Betreiber hat auf Abmahnung der Klinik den Erfahrungsbericht abgeändert.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

In seinem Urteil vom 04.04.2017 (Az.: VI ZR 123/16) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass in diesem Falle der Seitenbetreiber auch als Täter für die Äußerung haftet.  Im vorliegenden Fall hat der Seitenbetreiber nach der Aufforderung der Klinik hin, den Beitrag aus dem Portal zu entfernen, da er auf unwahrer Tatsachengrundlage beruhte, von sich aus ohne Rücksprache mit dem Patienten Änderungen an dem Text durch Einfügung eines Zusatzes und Streichung eines Satzteils „korrigiert“.

Diese Änderungen hat er dann der Klinik mitgeteilt und die Auffassung vertreten, dass weitere Änderungen nach seiner Auffassung nicht notwendig erscheinen.

Der Bundesgerichtshof hat insofern die Auffassung vertreten, dass der Seitenbetreiber sich die angegriffenen Äußerungen zu Eigen gemacht hat und somit er selbst als unmittelbarer Störer haftet. Er hat die Äußerungen des Patienten auf die Rüge der Klinik inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen, indem er selbständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten – entschieden hat, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er beibehält.

Folge:

Der Bundesgerichtshof vertrat deswegen die Auffassung, dass der Seitenbetreiber die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen hat und er deswegen selbst auch auf Unterlassung haftet. 

Diese Rechtsprechung zur Haftung der Seitenbetreiber ist insofern für die betroffenen wichtig, da es oftmals nicht möglich ist, gegen die – in der Regel anonym auftretenden – Verfasser der Bewertungen selbst vorzugehen, da die tatsächliche Identität der Person unbekannt ist und der Seitenbetreiber dies auch nicht offenlegen muss. 

KGH-Bus06

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